Bei einem Teil der Patienten mit einer Hemihypertrophie kommt es zu einer Überlappung mit dem Beckwith-Wiedemann-Syndrom.

Das Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS) ist ein genetisch bedingtes Syndrom.

Die Hauptsymptome sind:

  • Großwuchs (Makrosomie) schon beim Neugeborenen, der bis zum 7.-8.Lebensjahr anhält (> 97. Perzentile)
  •  Erheblich vergrößerte Zunge (Makroglossie)
  •  Defekte der Bauchwand mit einem Nabelbruch, der auch Darmschlingen enthalten kann (Omphalozele)
  •  Vergrößerung von Nieren, Leber, Milz und Pankreas.
  •  Veränderung der Ohrmuschel, Kerbe im Ohrläppchen
  •  Nieren-Anomalien: Nierenzysten, Stauungsniere (Hydronephrose)
  •  Risiko für einen embryonalen Tumor der Niere (Wilms-Tumor)
  • In den ersten Lebenstagen schwere Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Nebensymptome sind 
 
Verkleinerung des Schädels, flache Nasenwurzel, kleiner Unterkiefer, Naevus
flammeus im Gesicht. Frühgeburtlichkeit, vermehrtes Fruchtwasser, vergrößerte Plazenta
 
Der Großwuchs kann generalisiert sein oder nur einzelne Körpersegmente (Hemihypertrophie) betreffen. Die Vergrößerung einer Körperhälfte tritt bei 12,5 % der Patienten auf.

Autismus

6,8 % der Kinder mit dem Beckwith-Wiedemann-Syndrom sind autistisch.

Autismus ist keine heilbare Krankheit, sondern eine Form des Seins. Der Autismus beeinflußt die gesamte Persönlichkeit. Besonders die Kommunikation, das Denken und Wahrnehmung unterscheiden sich von Nichtautisten. 

Durch die sehr sensible Wahrnehmung geraten Autisten in einer nichtautistischen Welt immer wieder in Situationen der Reizüberflutung. Da etwa 1% der Bevölkerung autistisch sind, hat jeder Kontakt schon mal Kontakt zu einem Autisten gehabt, in jeder Schule und  in fast jedem Kindergarten wird ein autistisches Kind sein. Deshalb ist Aufklärung dringend notwendig, um auch für Autisten ein barrierefreies Leben zu ermöglichen. 

Autisten können sehr angepaßt und hochfunktional sein. Dies erfordert sehr viel psychische Energie und kann langfristig zu Depressionen, psychosomatischen Beschwerden und weiteren Erkrankungen führen.

Es ist wichtig, dass Autisten in ihrem So-Sein akzeptiert werden. Denn ein Kind dazu aufzufordern, sich möglichst nichtautistisch zu verhalten, signalisiert dem Kind: "So wie ich bin, werde ich nicht geliebt." 

 

 

Die genetischen Ursachen für das Beckwith-Wiedemann-Syndrom

Für das Beckwith-Wiedemann-Syndrom müssen keine Gendefekte im Sinne von "defekt, kaputt" ursächlich sein, sondern es spielen häufig andere Faktoren wie Epigentik und Imprinting eine Rolle.

Epigenitische Faktoren bestimmen, ob über eine DNA-Methylierung Gene aktiviert werden. Vereinfacht gesagt, ob vorhandene Gene eingeschaltet werden oder nicht.

Imprinting/Genomische Prägung bezeichnet eine elternspezifische Ausprägung einer genetischen Anlage. Es ist für die Aktivierung von einigen Genen entscheidend, ob ein Chromosom ursprünglich vom Vater oder von der Mutter stammt. Imprintingfehler können zum Angelman-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom oder auch zum Beckwith-Wiedemann-Syndrom führen.

Es wird diskutiert, dass die Fortpflanzungsmedizin das Risiko für Imprintingfehler erhöht. 

Das aus der Tierzucht bekannte Large-Offspring-Syndrom erinnert an dem Riesenwuchs durch das Beckwith-Wiedemann-Syndrom. Allerdings lassen sich Experimente bei Tieren immer nur begrenzt auf Menschen übertragen.

Ich hoffe, dass weitere Studien bald mehr Aufklärung liefern können, wie es zu Imprinting-Fehlern kommt.

Bisher kann in etwa 70%  der Fälle beim Vorliegen des BWS eine genetische Ursache gefunden werden.

Manchmal liegt das Beckwith-Wiedeman-Syndrom auch in Mosaikform vor. Dies bedeutet, dass nicht alle Körperzellen die genetischen Veränderunge enthalten. Deshalb kann in diesen Fälle eine Biopsie eher zum Fund der genetischen Ursache führen, als die humangenetische Untersuchung des Blutes.

Bisher bekannte und nachweisbare molekulargenetische Veränderungen, die zu unterschiedlichen Erscheinungsformen des BWS führen: 

• Veränderung der Gene IGF-2(Insulin-like growth factor2) und H19, die auf der Bande 11p15,5 des Chromosoms 11 liegen

• Mutierte IGF-2 stammen sowohl vom Vater als auch von der Mutter

• Methylierungsdefekt in der ICR1-Region(H19-Gen) in 2-7%
 
• Paternale(väterlicherseits) uniparenterale Disomie 11p15 in 20%, beide Chromosomen 11
werden vom Vater vererbt, von der Mutter keins, hier bei kommt es häufig zu einer Hemihypertrophie
 
• Mutationen im CDKN1C-Gen( unterdrückt das Größenwachstum) in 20-40% der familiären
Fälle; hier sind häufig Nabelbrüche zu beobachten
 
• Methylierungsdefekt in der ICR2-Region (KCNQ1-Gen) in 55-60%
 
 
Silver-Russel-Syndrom 
 
Es gibt zum Beckwith-Wiedemann-Syndrom ein gegensätzliches Syndrom. Sowohl genetisch betrachtet als auch im Erscheinungsbild ist das Silver-Russel-Syndrom gegensätzlich. Beim Silver-Russel-Syndrom kommt es nämlich nicht zum Großwuchs, sondern zum Kleinwuchs. Genetisch ursächlich sind dafür auch Veränderungen der Genregion 11p15. 

 

 

 

 

 

 


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